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Meine Therapie im Alternative e.V.

Meine Therapie im Alternative Verein

Ein Glas Wein hier, ein Sekt Glas dort, alles schien ok zu sein. War es auch. Ein unbedenklicher Genuss, so würde ich das Bezeichnen. Nach der Geburt meines Kindes 2012, sollte mein Leben einen anderen Weg einschlagen. Klar, erstes Kind, alles Neuland. Ich funktionierte. Als mein Kind ein Jahr alt wurde, ging es zur Kita. Ich machte eine neue berufliche Ausbildung. Ich weiß nicht wie ich das alles unter einen Hut gebracht habe. Zum Ende meiner Ausbildung, stand ja die Prüfung an. Das Lernen, das Arbeiten und meine Verantwortung fürs Kind waren Anstrengung pur. Ich entwickelte eine Art Störung…..Ich konnte nichts mehr essen, nahm ab. Dauernd war mir schlecht. Nichts machte mir mehr Spaß. Ich war ausgelaugt. Von Arzt zu Arzt gegangen, alles in Ordnung mit ihnen. Eine leichte Depression und Angststörung wurde diagnostiziert. Ich muss dazu sagen, dass ich in meiner „Überforderungsphase“ selten Alkohol getrunken habe. Das änderte sich, als ich mich hilflos empfand. Die Ärzte hatten ihre Diagnose und gut war. Aber nicht für mich. Aber was war bloß los? Ich bestand die Ausbildung und bekam nahtlos eine Arbeit. Das unbefristet, gutes Geld, gute Arbeitszeiten. Meine Panikattacken wurden schlimmer. So entdeckte ich für mich die Medikation mit Alkohol. Ein Glas Wein am Abend und ich war entspannt. Ich fühlte mich frei und sorglos. Die Attacken wurden weniger, dafür reichte ein Glas Wein bald nicht mehr aus. Das zog sich bestimmt ein bis eineinhalb Jahre hin, bis ich öfter früh morgens die leere Weinflasche sah. Ich nahm das erste Mal im Jahr 2016 Kontakt zum Wendepunkt auf. Ich fühlte mich dort gut aufgehoben, hatte mehrere Beratungsgespräche. Da würde ich behaupten, dass ich da im Alkohol-Missbrauch steckte. Ich hatte keine Probleme den Alkohol weg zulassen, also null körperliche Entzugserscheinungen. Ich beschloss mich trotzdem für eine Langzeittherapie. Diese machte ich für 16 Wochen im Jahr 2017.  Interessant war es. Und ich wollte nicht wahr haben, dass ich ein Alkoholproblem hatte. Die anderen Patienten waren viel viel tiefer in der Sucht. Drei Flaschen Schnaps täglich…..nee, da wäre ich schon längst gestorben. Ich verglich mich viel mit den Mitpatienten. Ich hatte definitiv kein Problem mit Alkohol. (so dachte ich damals). Im Anschluss meiner Entwöhnungstherapie, ging ich zur Nachsorge hier im Wendepunkt. Da kam das erste Mal das Gefühl von Scham auf, als plötzlich ein bekannter mit in der Gruppe war. Er sagte zu mir: Kleine, mach dir keine Sorgen, wir sitzen alle im selben Boot. Die Nachsorge endete und ich begann 2018 eine ambulante Therapie im Wendepunkt. Doch so wie es kommen musste, musste es kommen. Rückfall. Heimlich getrunken. Ach bekommt eh keiner mit…..Damals hatte ich noch nicht verstanden, wozu die Therapie eigentlich da ist. Ich verheimlichte mein rückfälliges Trinken und beendete die Therapie vorzeitig. Ach ich hab doch kein Problem, ich krieg das allein hin. Pusteblume…..ich funktionierte wieder, ging 40h arbeiten und war so gut wie allein erziehend. Auf Arbeit begann eine Art Mobbing. Ich brauchte etwas zum runter kommen, etwas was all dies Negative vergessen lässt…..so war ich wieder richtig drin. Ein Glas am Abend reichte nicht mehr, um die Wirkung zu erreichen. Es wurde mehr und mehr und da meldeten sich auch die ersten körperlichen Entzugserscheinungen. Ich beschloss mir Hilfe zu holen, redete mit meiner Ärztin darüber. Ende 2018, hatte ich dann meine erste stationäre Entgiftung. Die Abstinenz hielt nicht lange an. Im Frühjahr erfolgte Entgiftung Nummer 2. Ich stellte mir die Frage, was mich immer rückfällig werden ließ. Ich ging wieder arbeiten. Alles funktionierte immer nur bis zu einem gewissen Punkt. Dann brauchte ich den Alkohol wieder. Zwischenzeitlich war ich länger mal trocken, bekam aber gegen meine Angststörung Beruhigungsmittel. Ich sag nur, ironisch gemeint, tolle Sache! Zack war ich in der Suchtverlagerung bzw. im Mischkonsum. Nun war ich noch Beruhigungsmittel-abhängig. Ich beschloss 2020 eine Therapie für meine Depressionen und Ängste zu beginnen. Voraussetzung war: kein Alkohol. Es war schwer für mich, aber ich schaffte es. Hatte ja noch meine Beruhigungsmedikamente. Dann kam Corona. Ich musste die Therapie in der Tagesklinik vorzeitig beenden. Beruhigungsmittel waren so gut wie abgesetzt und ich bekam Antidepressiva. Arbeiten konnte ich nicht gehen, da ja Homeschooling angesagt war. Tage vergingen, meine Grenzen waren wieder erreicht und anstatt mir Hilfe zu holen, griff ich wieder zur Flasche. Mal ein Bier, mal ein Sekt…..so das ich betäubt war und funktionierte. Diesmal war es aber irgendwie anders. Ich öffnete mich meiner Ärztin und holte mir Hilfe. Ich machten wieder Beratungsgespräche im Wendepunkt. Ich trank weniger, doch die Beruhigungsmittel nahm ich öfter. Im Juni 2020 ging ich zu Entgiftung Nummer 3. Das war diesmal sehr sehr hart. Die Entzugserscheinungen von den Beruhigungsmitteln, (Benzos), waren sehr sehr heftig. Im Oktober 2020 begann ich erneut eine ambulante Therapie im Wendepunkt. Meine Ärztin wollte lieber, dass ich zur Langzeittherapie ging.  Ja, das wollte meine Ärztin. Ich aber aber nicht. Ich wollte zu Hause sein, in meinem gewohnten Umfeld. So begann ich die ambulante Therapie. In meiner Gruppe wurde ich akzeptiert, wie ich bin. Ich konnte mich recht schnell öffnen. Sobald mir etwas auf dem Herzen lag, sprach ich darüber. Auch die Sorgen und Probleme der Mitpatienten brachten mich in einer gewissen Art weiter. Wir sitzen alle im selben Boot. Und das verbindet und hat mir sehr geholfen. Natürlich gab es auch Rückschläge. Diese habe ich diesmal aber nicht verheimlicht, sonst hätte ich mich ja wieder selbst betrogen. Es war sehr schwer zu sagen: ich hatte einen Rückfall. Scham, Schuld-versagt. Nein diesmal nicht, ich habe mir sofort Hilfe gesucht, auch wenn es schwer war. Ich baute mir eine Art Netzwerk auf, um einen Notfallplan parat zu haben. Mir ist mittlerweile bewusst geworden das Hilfe suchen und Reden nichts Schlimmes sind, sondern für mich eine wichtige Stütze. Ich kann nur jeden empfehlen, sich nicht zu verstecken, sich nicht zu schämen. Denn Alkoholsucht und Drogen,-Medikamentensucht, ist eine Krankheit. Es ist keine normale Krankheit, die vergeht, sondern die nur durch mich selbst zum Stillstand gebracht werden kann. Genauso gut kann sie durch mich wieder ausgelöst werden. Daher ist es wichtig für mich gewesen, diese Therapie im Wendepunkt zu machen. Das ich herausfinde, wann es kritisch wird und was ich möchte. Meine Ziele waren vor Therapiebeginn: die Abstinenz zu stärken, Selbstsicherer und selbstbewusster zu werden und deutlich meine Grenzen und Bedürfnisse zu erkennen und zu äußern. Ich habe meine Ziele erreicht und muss diese mir immer wieder neu vor Augen halten.

Vielen lieben Dank, an meine Gruppe, an Frau Rothe-Thieme, Herrn Naumann und vor allem Frau Zobel, die mir immer auch zur späten Stunde zur Seite stand.

 

Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.

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