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Therapieerfahrungen eines Patienten in unserer ambulanten Therapiegruppe des Alternative e.V.

Therapieerfahrungen eines Patienten in unserer ambulanten Therapiegruppe des Alternative e.V.

 

„Als erstes ein liebes Hallo in die Gruppe,

Heute ist nun der Tag gekommen wo ich das letzte Mal bei euch bin. Dabei hab ich ein lachendes und trauriges Auge. Das lachende beflügelt mich auf meinem weiteren Weg welchen ich durch einen großen Schritt meiner Ansicht hier getan habe und mich sehr weit in meinen Gedanken wie auch in meinem Leben gebracht hat.

Das traurige, das ich hier von euch Abschied nehmen muss aber auch will um weiter zu gehen. Es wird immer ein Teil meines Lebens bleiben und die Erfahrungen sind doch sehr prägend für mich.

 

Kurz zu meiner Vorgeschichte

Ich hatte ja ca 17 Jahre Cannabis Konsumiert mit Unterbrechung. Unterbrechung darum weil ich unter Einfluss von Cannabis schon 1x ein KfZ führte und mir der Führerschein entzogen wurde und ich (Eigentlich) aufhören wollte.

Als ich den Führerschein 2011 abgab habe ich einen Kurs besucht und bin nach 14 Monaten Abstinenz bei der MPU angetreten und hatte diese auch mit einer positiven Beurteilung bestanden.

Als Nachweis der Abstinenz damals gab ich Urin ab und hatte 2x einen Rückfall direkt nach der Urinprobe, weil ich wusste das dies mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auffällt. Falsch gedacht weil es ist eben nur paar Jahre später raus kam. Dieser war beabsichtigt. Das zeigt mir welch großen Einfluss die Droge auf mich hatte. Ich bin von vornherein an die Situation herangegangen mir das Kiffen nicht nehmen zu lassen und später kontrolliert zu konsumieren. Ich hatte es mir Vorgenommen nur am WE zu kiffen.

Die Situation habe ich völlig falsch eingeschätzt bzw. Unterschätzt.

So kam es wie es kommen musste. Anfangs konsumierte ich nur am WE und ich war überrascht wie schnell mein Körper sich an die Droge wieder gewöhnt hatte. Damit wurde auch der Effekt der Wirkung weniger und die Zeitabstände wieder geringer bis ich es wieder Täglich konsumierte und im Strudel hing.

Für mich schien damals aber die Welt i.o. und die Auswirkungen und Konsequenzen unterdrückte ich.

Auch als mich mein Cousin vor meinen Eltern darauf ansprach bei der Kaffee Runde war mir das höchst peinlich und ich schämte mich zu tiefst und dachte mir …nein wie kann er nur.

Dabei wollte er mir helfen was ich heute weiß aber die Droge war stärker.

So kann ich sagen das ich damals schon süchtig war und es selbst nicht erkannt habe oder auch eigestehen wollte. Ich habe oft auf andere Menschen und ihre Probleme geschaut und mich dadurch völlig aus dem Focus verloren.

Umso dankbarer bin ich hier in der Therapie angekommen zu sein um mich meiner Situation den Gefühlen Ängsten wie auch den Fragen wieso weshalb warum, gerade ich,  zu stellen und auf den Grund zu gehen. Was sich sehr gut anfühlt das gleiche Problem der Erkrankung mit anderen zu teilen und die Erfahrungen austauschen zu dürfen /Können wie auch die professionelle Hilfe der Therapeuten.

Das hat mich schon echt tief im innersten berührt und zum Nachdenken gebracht.

Als ich hier ankam in der Gruppe waren meine Gefühle gemischt…etwas genauer…gerne…was erwartet mich hier, wie nehmen mich die Menschen auf, Unsicherheit was ich sage, brauche ich das überhaupt, bin ich wirklich suchtkrank, aber auch das Gefühl das mir geholfen wird war da.     

Anfangs ging es um die Vorstellungsrunde von jedem einzelnen und ich fühlte mich schamhaft wie auch unsicher.

Dieses Gefühl legte sich relativ schnell, da mir Verständnis entgegengebracht wurde, wie auch das Schuldgefühl. Die Gruppe nahm mich schnell auf und es fühlte sich gut an, gab mir Sicherheit, Zugehörigkeit, so das sich meine Anspannung schnell legte. Im Laufe der Zeit verstand ich dass die Suchterkrankung auch als solche zu betrachten ist und nicht wenn andere Menschen mit dem Finger auf mich zeigten mich schlecht zu fühlen. Umso mehr zolle ich Respekt gegenüber der Droge und mir wurde immer klarer wie sehr mich diese in meinem Leben beeinflusst hatte. Sie stand über allem und meine Gedanken drehten sich immer darum. Mir war immer klar dass es schlecht ist aber ich konnte nicht anders.

Deshalb bin ich sehr froh und dankbar heute konsumfrei zu Leben und das selbige ohne die Droge zu genießen. Dadurch hat es sich gewandelt im privaten wie auch im Arbeitsleben.

Ich plane die Arbeit jetzt viel strukturierter von den Abläufen und dem Zeit Management. Das Resultat daraus ist das mir für das private Leben entscheidend mehr Zeit habe und die Wochenenden, oft auch verlängerte, ich für mich meine Hobbys wie auch das soziale Leben bleibt.

Das war in Konsumzeiten völlig undenkbar da ich wie in einem Tunnel gelebt hatte und es zum größten Teil alles auf mich zukommen ließ.

Auch am WE lebte ich nur zu oft ohne Plan und knallte mir früh schon die Rübe weg, sagte Verabredungen ab, wenn ich denn welche hatte oder auch, nein heute nicht. Das führte dazu dass mich meine Mitmenschen nicht mehr fragten und ich dadurch die Droge als besten Freund ansah.

Im Rahmen der ersten Therapiestunden musste ich erst Verstehen und auch annehmen wie mich auch öffnen in unsere Gruppe.

Dies war anfänglich nicht so leicht für mich. Ich versuchte es, erzählte über die letzte Woche was sich so ereignet hat.

Im Laufe der Zeit fand ich heraus dass das nicht das Ziel wie auch der Sinn sein kann.

Daraufhin überlegte ich mir was ich ändern kann. Ich versuchte es erstmal mit zuhören, für mich die Sachen aufzunehmen zu verstehen und zu vergleichen mit mir.

Das gelang mir ganz gut und schnell ergaben sich Ansatzpunkte für mich in die Gespräche einzuklinken und Situationen aufzuschlüsseln und zu analysieren. Daraus ergaben sich immer wieder neue bzw. weiterführende Themen und schwups di wup war die Therapiestunde wieder vorbei.

Das Resümee war sehr oft, das ich mit einem guten Gefühl aus ihr heraus ging und ich spürte in mir das was wuchs. Innere Stärke, Selbstbewusstsein gegenüber der Droge, weil ich immer mehr Verstand und mir bewusst wurde wo ich war und wo ich jetzt stehe!

Die Abstinenz vor der Therapie war der erste Schritt zu einem konsumfreien Leben. Aber die Therapie selbst hat mir so geholfen um mich selbst zu verstehen im vergangenen Leben aber noch wichtiger auf eine Bahn gelenkt für das zukünftige.

Ich bin ein Mensch der offen damit umgeht und auch auf Verständnis stößt bei Mitmenschen, welche es gut finden auch wenn ich aus Beweggründen die Therapie angetreten habe.

Es gibt auch Mittmenschen die es nicht so akzeptieren und es belächeln. Das stört mich nicht weil mein Gefühl des Miterlebten sich in großer Dankbarkeit ausdrückt.

Mittlerweile denke ich wäre es schwer geworden ohne diese Für mich!

Des Weiteren habe ich für mich beschlossen noch an der Selbsthilfegruppe teil zu nehmen um am Thema zu bleiben.

Auch so ist es nicht verkehrt aus meiner Sicht da verschiedene Themen wie auch Gedanken ausgesprochen werden könne bzw. aufgearbeitet.

Das finde ich nicht unbedingt nur bezogen auf meine Suchterkrankung gut. Nein auch für mein normales Leben. Als Hobby würde ich es aber auch nicht bezeichnen aber ich bin mir sicher dass es mir gut tut und mich weiterhin stärkt im Leben.

Ich weiß ja nicht was trotz meines Lebensweges passieren kann!

Auch bekomme ich Unterstützung von meiner Familie auf meinem Lebensweg.

Ich telefonierte mit meine Cousine wie auch mit meinem Onkel aus Hamburg welcher auch Seelsorger gearbeitet hat und von Beruf Pastor ist. Beide stärkten und stärken mich auch in meinem Weg und ich soll mich immer melden oder sofort hinkommen falls ich Probleme habe. Diesen Zusammenhalt einer Familie ist schön zu wissen um in eventuellen schweren Situationen darauf zurück greifen zu können,

Hier in der Gruppe ist es im Laufe der Zeit wie in einer  kleinen Familie und es finden sich Menschen mit Gemeinsamkeiten wie auch Hobbys und wer weiß vllt teile ich ja mal welche im realen Leben mit ihnen.

 

Nun noch ein paar Worte zu meinem Leben ohne Führerschein welches jetzt schon 4 Jahre beträgt.

Anfangs dachte ich…naja die Zeit geht schnell um und irgendwie komme ich da auch fix durch, ohne im Ansatz über mich mein Leben oder die Konsequenzen nachzudenken.

Nachdem ich 2x bei der MPU angetreten war mit jeweiligen negativ Ergebnis kam ich ins Grübeln. Auch hatte ich schon Aufbaustunden genommen bei 2 Suchtberaterinnen, welche aber nur an der Oberfläche kratzten und heute kann ich sagen, definitiv nicht ausreichend waren. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mein Leben nicht großartig geändert bzw. tiefgründig über die Ursachen nachgedacht. Für mich stand der Führerschein im Vordergrund und nicht ich.

Dies änderte sich mit beginnen der Therapie, auch legte ich mir ein E-Bike zu welches ich in meinem weiteren Leben auch nutzen werde da ich oft die Gesichter der Autofahrer schaue und ich mit einem Lächeln vorbei fahren kann.

Es gibt so viele Wege welche ich heute niemals mehr mit dem KFZ erledigen würde.

Aber natürlich wäre es von Vorteil in gewissen Situationen die Fahrerlaubnis zu besitzen. Zum Beispiel wenn ich Angeln möchte oder auch auf Arbeit.

Umso mehr lernte ich auch die Dinge wehrt zu schätzen und das mir die Droge das alles genommen hat und mich krank machte.

Sagen muss ich auch noch das ich mich daran gewöhnt habe so zu leben und alles zu Organisieren und der Führerschein ein Zugewinn wäre. Von Freiheit würde ich nicht reden, denn Frei bin ich jetzt und hier und darüber so froh, glücklich wie auch dankbar.

Deswegen wird es für mich in gewisser Weise immer ein Thema bleiben um mir die neu gewonnene Freiheit nie wieder nehmen zu lassen!

 

Ich wünsche euch allen hier eine gute wie auch erfolgreiche Zeit auf eurem Lebensweg. Seit stark und behaltet euch immer im Focus, weil wir haben nur das eine Leben!

Als Letztes gilt mein Dank auch unseren Therapeuten.

Ihnen beiden wünsche ich auch viel Erfolg bei Ihrer Arbeit mit hoffentlich einer guten Quote.  

 

Bleibt Gesund und Standhaft

 

Euer Herr W.

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